Prognose

Institute senken Wachstumsprognose 2021 - "Können Einbruch umkehren"

Berlin | 15.04.2021 | Reuters

Die führenden Institute senken ihre Prognose für das Wachstum der deutschen Wirtschaft wegen der dritten Corona-Welle deutlich. Sie rechnen für 2021 nur noch mit einem Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 3,7 Prozent, wie aus der am Donnerstag veröffentlichten Gemeinschaftsdiagnose hervorgeht. Im Herbst waren sie noch von 4,7 Prozent ausgegangen, doch ist Europas größte Volkswirtschaft wegen der Corona-Beschränkungen schwächer als erwartet ins Jahr gestartet. Die Schätzungen dienen der Regierung als Basis für ihre eigenen Projektionen am 27. April, die wiederum die Grundlage für die Steuerschätzung bilden.

Der Bund geht bislang von plus drei Prozent aus, doch hat Wirtschaftsminister Peter Altmaier eine „deutliche“ Anhebung in Aussicht gestellt. „Wir können in diesem Jahr den Wirtschaftseinbruch nicht nur stoppen, sondern umkehren und im nächsten Jahr wieder alte Stärke erreichen“, sagte er. 2020 war das BIP wegen der Corona-Krise um 4,9 Prozent eingebrochen.

Sobald die Infektionsgefahren in erster Linie durch das Impfen gebannt seien, werde eine kräftige Erholung einsetzen, erklären die Ökonomen in ihrem Frühjahrsgutachten. Für 2022 erhöhten sie deshalb ihre Wachstumsprognose von 2,7 auf 3,9 Prozent. Die Erholung könnte sogar noch stärker ausfallen, sollten die Verbraucher die in der Krise angestaute Kaufkraft von 200 Milliarden Euro – etwa durch ausgefallene Urlaubsreisen und Restaurantbesuche – schneller in den Konsum stecken. „Sollten diese Mittel stärker ausgegeben werden, dann ist nochmal ein deutlicher Schub beim privaten Konsum zu erwarten“, sagte der Konjunkturchef des Essener RWI-Instituts, Torsten Schmidt. Etwa Anfang kommenden Jahres dürfte die Wirtschaft zur Normalauslastung zurückkehren.

„Neues Konjunkturprogramm nicht nötig“

Zusätzliche staatliche Impulse halten die Experten nicht für geboten. „Aus unserer Sicht sind Konjunkturprogramme nicht nötig“, sagte Schmidt. Die bisher locker gemachten Gelder dürften ausreichen, zumal Investitionsprogramme gerade erst angelaufen seien. Im Sommerhalbjahr dürfte es eine „doch recht kräftige Erholung“ geben. „Danach sollte sich Konjunktur langsam wieder selbst tragen.“ Altmaier stellte für die von der Pandemie besonders hart betroffenen Firmen weitere Mittel in Aussicht. „Auch nach Ende des Lockdowns werden wir Hilfsprogramme für diejenigen Unternehmen ermöglichen, die weiter unter stark gesunkenem Umsatz leiden“, sagte er.

Die Ökonomen sehen nach wie vor auch große Gefahren für den Aufschwung. „Die Entwicklung der Pandemie ist weiterhin das bedeutendste Abwärtsrisiko für die Prognose“, warnte Schmidt. „Nach wie vor kann es bei der Lieferung von Impfstoffen und Tests zu Engpässen und Verzögerungen kommen.“ Auch könnten neue Virus-Mutation die Öffnung der Wirtschaft stoppen, was die Erholung abermals zurückwerfen würde.

Mit den erwarteten Lockerungen dürfte die Erholung der Beschäftigung an Fahrt gewinnen. Die Zahl der Erwerbstätigen soll in diesem Jahr um 26.000 zulegen, 2022 um mehr als eine halbe Million. Dabei soll das Vorkrisenniveau im ersten Halbjahr 2022 erreicht werden. Bereits ab diesem Mai soll die Zahl der Arbeitslosen verstärkt sinken. Die öffentlichen Haushalte dürften in diesem Jahr ein Defizit aufweisen, das mit 159 Milliarden Euro etwas größer wäre als 2020. Zwar sollten konjunkturellbedingt die Steuereinnahmen zunehmen. Dem stünden jedoch Ausgaben für Impfungen und Tests gegenüber.

Erarbeitet wird das Gutachten federführend vom RWI in Essen, vom Berliner DIW, vom Ifo-Institut in München, vom Kieler IfW und vom IWH in Halle.


Cookie Hinweis
Wir verwenden Cookies, um Ihnen ein optimales Webseiten-Erlebnis zu bieten. Dazu zählen Cookies, die für den Betrieb der Seite unverzichtbar sind, Cookies, die lediglich zu anonymen Statistikzwecken genutzt werden sowie Cookies, die durch Inhalte von Drittanbietern gesetzt werden (Twitter). Sie können jederzeit in den Datenschutzhinweisen der Verarbeitung und Nutzung von Cookies widersprechen oder diese anpassen. Weitere Informationen