Geldpolitik

EZB zementiert Politik des billigen Geldes

Frankfurt/Main | 22.07.2021 | dpa

Die Geldschleusen der Europäischen Zentralbank (EZB) bleiben weit geöffnet. In der ersten Zinssitzung nach der Verabschiedung einer neuen geldpolitischen Strategie bekräftigten Europas Währungshüter ihren expansiven Kurs mit Zinsen auf Rekordtief und milliardenschweren Anleihenkäufen.

Ein Ende des Zinstiefs im Euroraum ist nach der Sitzung des EZB-Rates am Donnerstag weiterhin nicht in Sicht. Die Notenbank mit Sitz in Frankfurt hält den Leitzins im Euroraum auf dem Rekordtief von null Prozent. Auf diesem Niveau liegt der wichtigste Zins zur Versorgung der Kreditwirtschaft mit Zentralbankgeld inzwischen seit März 2016. Zugleich müssen Geschäftsbanken nach wie vor 0,5 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie Geld bei der Notenbank parken.

Das zu Beginn der Corona-Pandemie aufgelegte, besonders flexible Notkaufprogramm für Staatsanleihen und Wertpapiere von Unternehmen (Pandemic Emergency Purchase Programme/PEPP) mit einem Volumen von 1,85 Billionen Euro führt die EZB bis mindestens Ende März 2022 fort. Obwohl angesichts der anziehenden Konjunktur die Zweifel an der Notwendigkeit solcher Käufe wachsen, will die Notenbank das Tempo der Wertpapierkäufe im dritten Quartal erhöhen.

Die Anleihenkäufe der EZB helfen Staaten wie Unternehmen: Diese müssen für ihre Wertpapiere nicht so hohe Zinsen bieten, wenn eine Zentralbank als großer Käufer am Markt auftritt. Insbesondere für Staaten ist das wichtig, weil sie in der Corona-Krise milliardenschwere Rettungsprogramme aufgelegt haben, die es zu finanzieren gilt.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte in der vergangenen Woche Hoffnungen auf ein baldiges Ende des Anti-Krisen-Kurses erneut eine Absage erteilt. «Es ist jetzt nicht die Zeit, um über eine Ausstiegsstrategie zu sprechen», betonte Lagarde. «Wir müssen sehr flexibel sein und dürfen nicht die Erwartung wecken, dass der Ausstieg in den nächsten Wochen oder Monaten erfolgt.» In ihrem überarbeiteten längerfristigen Ausblick, der sogenannten Forward Guidance, betonen die Währungshüter den Begriff «Beharrlichkeit».

Hintergrund ist das am 8. Juli vorgestellte flexiblere Inflationsziel der EZB. Künftig strebt die Notenbank für die 19 Staaten des Euroraums eine jährliche Teuerungsrate von zwei Prozent an. Bislang lag das Inflationsziel der EZB bei «unter, aber nahe zwei Prozent». Nun ist die EZB zumindest zeitweise bereit, eine moderate Über- oder Unterschreitung der Marke von zwei Prozent zu akzeptieren.

Mit diesem «symmetrischen» Inflationsziel ist die Notenbank nicht mehr unmittelbar zum Reagieren gezwungen, sollten die Inflationsraten nach oben oder nach unten von dem prozentualen Ziel abweichen. Nach Ansicht von Volkswirten und Bankenvertretern verschafft sich die EZB mit ihrem neuen Inflationsziel von zwei Prozent mehr Freiraum, um auch bei steigenden Preisen an ihrer extrem expansiven Geldpolitik festhalten zu können.


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